Sie schuften in der Hitze auf Plantagen, klopfen Steine in staubigen Minen und werden als Haussklaven missbraucht. Weltweit gibt es Millionen Kinder, die wirtschaftlich und seelisch auf das Schlimmste ausgebeutet werden. Diese Kinder haben das Recht, würdevoll und sicher aufzuwachsen. Sie haben das Recht auf Kindheit. Damit sie dieses auch wahrnehmen können, braucht es mehr als nur die Ächtung von Kinderarbeit. Bildungs- und Familienstärkungs-Projekte sind ein wichtiger Ansatz zur Bekämpfung von Kinderarbeit, deren Ursprung meist in der Armut der Menschen liegt: bitterste, gnadenlose Armut.
Kinder, deren Eltern zu arm sind, um sie zu ernähren, müssen zum Lebensunterhalt beitragen. Kinder, deren Familien durch Armut bereits auseinandergerissen wurden, sind auf sich alleine gestellt. Ihnen bleibt oft keine andere Wahl, als sich ausbeuten zu lassen. Sonst könnten sie nicht überleben.
Umgekehrt betrachtet, ist Kinderarbeit aber auch eine Ursache für Armut. Wenn Kinder nicht in die Schule gehen und keine Ausbildung erhalten, werden sie später kaum in der Lage sein, sich und eine Familie langfristig und ausreichend zu ernähren. Ihre Chancen sind ungleich schlechter gegenüber ausgebildeten Kindern und Jugendlichen. Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen.
Hier setzt unsere Arbeit an. Seit mehr als 60 Jahren bekämpfen die SOS-Kinderdörfer weltweit Armut und setzten sich für Kinder in Not ein. Dabei setzt die Hilfsorganisation unter anderem auf Bildungsangebote, um Armut und Kinderarbeit zu verhindern. Elternlose und verlassene Kinder bekommen in den an die SOS-Dörfer angeschlossenen Einrichtungen eine Schul- und Berufsbildung.
Arme Familien, die häufig in Slums oder heruntergekommen Vorstadtsiedlungen grosser Städte leben, werden durch die SOS-Familienhilfe unterstützt. Prävention ist hierbei das Stichwort. Eltern und Kinder werden gefördert, bevor die Familie auseinanderbrechen kann.
Wie die SOS-Familienhilfe wirkt, zeigt ein Beispiel aus der Stadt Chittagong in Bangladesch. Die Mitarbeiter des dortigen SOS-Sozialzentrums unterstützen durch ihre Arbeit sozial und wirtschaftlich benachteiligte Familien aus der Umgebung. Derzeit werden im Rahmen des Programms 550 Kinder aus mehr als 380 Familien betreut. Frauen haben beispielsweise im Sozialzentrum die Möglichkeit, an Handarbeits- und Schneiderkursen teilzunehmen, um darüber den Unterhalt für die Familie zu finanzieren. Mütter können ihre Kinder in die Tagesstätte des Zentrums bringen, um eine Ausbildung zu machen, sich Arbeit zu suchen oder einer Beschäftigung nachzugehen. Zudem leistet das Zentrum Angebote zur Berufsberatung und vergibt Mikrokredite zur Existenzgründung. Auch die Aufklärung von Kindern über ihre Rechte ist eine Aufgabe des Zentrums. Ziel ist hier immer: Hilfe zur Selbsthilfe. Es soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass die Familie eines Tages selbstbestimmt leben kann.
Doch leider lassen sich nicht alle Familien, die ihre Kinder aus Not zur Arbeit schicken, über solche Projekte erreichen. So lange es in vielen Ländern extreme Armut gibt, wird es auch Kinderarbeit geben. Familien schicken ihre Kinder nicht aus Herzlosigkeit zur Arbeit, sondern weil sie keinen anderen Weg sehen, um zu überleben.
Dass ausbeuterische Kinderarbeit nicht toleriert werden kann, versteht sich von selbst. Aber wenn Kinder arbeiten müssen, um ihr Überleben zu sichern, dann müssen auch die Grundsätze des Artikels 32 der Kinderrechtskonvention befolgt werden. Die körperliche und seelische Unversehrtheit sowie das Recht auf Bildung der Kinder, müssen gewährleistet sein. Sonst lässt sich der Teufelskreis aus Armut und Kinderarbeit nicht durchbrechen.